E-Control: "Österreich droht kein Blackout"

Österreichs Stromversorgung ist auf absehbare Zeit gesichert und Investitionen in zusätzliche Kraftwerkskapazitäten würden nur die Kosten für die Verbraucher in die Höhe treiben, sagte E-Control-Vorstand Walter Boltz.

 

Quelle: www.wirtschaftsblatt.at

Kommentar

Wie bereits im Blog Elektrizitätswirtschaft warnt vor „großräumigen Blackout“ dargestellt wurde, besteht hier Grund etwas kritischer hinter die Aussagen im Artikel zu blicken. Es ist richtig, dass es in Österreich und Europa derzeit deutliche Überkapazitäten an konventioneller Kraftwerksleistung gibt.

 

Es gibt aber gleichzeitig auch eine deutliche Zunahme der Systeminstabilitäten, die bereits HEUTE / JEDERZEIT beim Zusammentreffen der falschen Ereignisse zu einem Systemkollaps führen können! Ein System das immer häufiger unter Stress betrieben werden muss, wird anfälliger gegenüber Störungen.

 

Zur Stabilisierung werden besonders flexible und rasch einsetzbare Kraftwerke - wie das nun zu schließende Gaskraftwerk Melach - benötigt. Zum besseren Verständnis verweise ich einmal mehr auf 

"Die vernachlässigten Schattenseiten der Vernetzung".

 

Die Aussage, dass aus Österreich heraus kein Blackout droht, ist durchaus plausibel, jedoch bedeutet das nicht, dass ein Auslöser außerhalb Österreichs das österreichische Netz verschonen würde. Und das ist gerade die Situation, auf die wir uns vorbereiten sollten!

 

Wie richtig angesprochen wird, hilft in der aktuellen und zukünftigen Betrachtung nur vernetztes Denken und Zusammenwirken über regionale/nationale Grenzen hinaus. Denn es handelt sich um ein europäisches Verbundsystem - und daher ist die Headline "Österreich droht kein Blackout" anzuzweifeln.

 

Auch nicht angesprochen wird, dass die europäische Vernetzung auf Übertragungsnetzebene bisher nicht für einen großräumigen Stromhandel und überregionalen Stromtransport ausgelegt war und ist. Und bekanntlich stoßen Netzausbauprojekte nicht gerade auf große Gegenliebe, wie aktuell bei der dringend erforderlichen Netzschließung des 380-kV-Rings in Salzburg wieder zu beobachten ist. Wenn Burgenland bereits zeitweise das 4-fache des Eigenverbrauchs produzieren kann, dann muss der Überschussstrom auch irgendwo genutzt/zwischengespeichert werden. Und dazu eignen sich die österreichischen Pumpspeicherkraftwerke. Und eine Belieferung von Bayern würde wohl auch weitere Netzausbauten nach Bayern erfordern, die bekanntlich nicht heute auf morgen zu realisieren sind. Ein Weitblick wäre daher hier schon länger gefordert.

 

Und alle Netzausbauten sind nutzlos, wenn es keinen oder zu wenige Strom zu transportieren gibt, wie etwa am 21.01.2014, 13.02.2014 oder am 31.03.2014. Daher werden wohl eher dezentrale Strukturen als großräumige Vernetzungen zum Ziel und zu einem stabilen Stromversorgungssystem auf Basis von Erneuerbaren Energien führen.

 

In der Zwischenzeit macht es durchaus Sinn, der Empfehlung des Schweizer Armeechefs zu folgen und die Bevölkerung zur Vorbereitung auf ein mögliches Blackout aufzufordern. Übergangszeiten sind immer mit Unsicherheiten und Schwierigkeiten verbunden. Und gerade eine derart massive Systemänderung wird nicht ohne Friktionen ablaufen. 

Zusammenfassung

Rund um das Thema "Blackout" werden häufig nur Einzelaspekte betrachtet. Die daraus gezogenen Schlüsse können daher durchaus richtig und nachvollziehbar sein. In der Gesamtbetrachtung stimmt die Aussage aber meistens nur mehr bedingt oder gar nicht.

 

Hermann Scheer, ein Vater der deutschen Energiewende, hat zum Ausdruck gebracht: 

"Die Umstellung auf erneuerbare Energien erfordert - schon aus physikalischen Gründen - ein neues Denken. Kein System der Energiebereitstellung - gemeint ist damit der technologische, organisatorische, finanzwirtschaftliche und politische Gesamtaufbau, um Energie verfügbar zu machen - kann neutral gegenüber seinen Energiequellen sein. Es wäre eine krasse Fehlentwicklung, die auf die fossilen und atomaren Energien zugeschnittenen Strukturen beizubehalten und innerhalb dieser lediglich die Energiequelle auszutauschen. Die jeweiligen technologischen, organisatorischen, finanziellen und politischen Anforderungen an eine Energiebereitstellung können nicht unabhängig von den jeweiligen Energiequellen gesehen und verstanden werden." 

Der Energieethische Imperativ, S. 41f.

 

Damit wir auch klar, dass es hier um Machtverschiebungen geht und natürlich auch diese Aspekte in den Diskussionen mitberücksichtigt werden müssen.

Aufgrund der mittlerweile langjährigen Auseinandersetzung mit der europäischen Stromversorgung und mit dem Thema "Blackout" bleibt für mich jedoch nur der Schluss, dass wir uns dringend auf dieses Szenario einstellen sollten und dass die Energiewende endlich auf europäischer Ebene betrachtet werden muss. Vernetztes Denken und Handeln ist das  Gebot der Stunde - denn wir alle hängen massiv von dieser einzigartigen Infrastruktur ab.  

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