Pumpspeicherkraftwerke werden unrentabel

Quelle: www.format.at

 

Pumpspeicherkraftwerke sollten die "grüne Batterie“ der Energiewende werden und Österreich der Stromspeicher Europas. Doch jetzt machen ausgerechnet Wind- und Sonnenstrom die erhofften Gelddruckmaschinen der E-Wirtschaft unrentabel.

Nicht nur Gaskraftwerke sind im Moment nicht profitabel zu betreiben. Selbst Pumpspeicher, noch vor Kurzem als sicheres Investment zum Speichern von Strom aus Wind- und Sonnenkraft gefeiert, sind kein Geschäft.

 

Reihum werden derzeit Pumpspeicherprojekte neu bewertet. Von Deutschland über die Schweiz bis Österreich hagelt es Absagen, Verschiebungen, Relativierungen. Karl Heinz Gruber, als Vorstand der Verbund-Tochter Austrian Hydro Power (AHP) größter Wasserkraftbetreiber Österreichs, bestätigt: "Neue Pumpspeicher rechnen sich nicht mehr.“ Er sollte es wissen, immerhin vollendet die AHP gerade Reißeck II, eine Anlagenerweiterung im Kärntner Mölltal. Gruber hofft auf eine bescheidene Rendite, weil nicht alles ganz neu errichtet werden musste. Aber alle weiteren Bauvorhaben des Verbunds hängen in der Luft, seien es Limberg III (Kaprun, Salzburg) oder Riedl/Jochenstein (Bayern/Österreich).

 

Viele Jahre lang galten die Pumpspeicherkraftwerke der E-Wirtschaft als richtiggehende Gelddruckmaschinen. Zuletzt sollten sie gar das Rückgrat für ein Gelingen der Energiewende sein, eine Art "grüne Batterie“, die überschüssigen Strom aus Windrädern und Photovoltaikanlagen zum Hochpumpen von Wasser verwendet, also zwischenspeichert, und bei Bedarf durch Ablassen wieder in Strom verwandelt. In Österreich träumte man davon, auf Basis der geografischen Gegebenheiten zum Stromspeicher Europas zu werden. Wirtschaftliche Voraussetzung dafür waren die hohen Differenzen zwischen billigem Grundlaststrom zum Pumpen und teurem Spitzenstrom zum Verkaufen.

 

Doch nun zeigt sich, dass ausgerechnet die Energiewende dieses Geschäftsmodell zunehmend austrocknet, nicht nur durch direkte Konkurrenz der erneuerbaren Energien. Wind- und Sonnenstrom fallen nämlich vorwiegend zu verbrauchsstarken Zeiten an, und das dämpft gerade beim längerfristig gehandelten Spitzenstrom die Preise. Die Erlöse für Stromerzeuger sinken. Zwar nicht immer, aber oft genug, um die Rentabilität infrage zu stellen. Die Reduzierung der Spannen wird durch den schrittweisen deutschen Atomausstieg verstärkt: Denn damit fällt zunehmend billiger Grundlaststrom aus abgeschriebenen Kernkraftwerken weg, dieser wird damit teurer. Die durchschnittliche Differenz zwischen dem billigen Basis- und dem teuren Spitzenpreis liegt derzeit nur mehr bei rund 15 Euro je Megawattstunde (MWh). "Ein wirtschaftlicher Betrieb von Pumpspeicherkraftwerken ist aber erst ab rund 30 Euro möglich“, sagt etwa Experte Hartmann.

 

Dieser Effekt macht europaweit auch Gaskraftwerksbetreibern zu schaffen. Hochmoderne Anlagen mutieren plötzlich zu Verlustbringern, weil die notwendigen Laufzeiten mit Spitzenstromerträgen nicht mehr zustande kommen.

 

Der Markt ist im Umbruch. Das alte Modell für Pumpspeicher ist nicht mehr rentabel.

 

Die Ratlosigkeit in der E-Wirtschaft ist umso größer, als auch das zweite favorisierte Einsatzgebiet für die Pumpspeicher keine wirklich breite Geschäftsbasis darstellen dürfte. Sie seien die idealen Kraftwerke, um die ganz kurzfristigen Schwankungen bei den erneuerbaren Energien ausgleichen zu können, heißt das gerne verwendete Lobbying-Argument der Staubauer. Wenn sich plötzlich Wolken vor die Sonne schieben oder eine Flaute die Windräder zum Erlahmen bringt, müssten andere Kraftwerke von einer Minute auf die andere einspringen - von den technischen Voraussetzungen her tatsächlich eine ideale Aufgabe für Pumpspeicherkraftwerke. Die Preise für die Megawattstunde auf diesem sogenannten Regelenergiemarkt sind tatsächlich sehr lukrativ: Bevor ein großflächiger Stromausfall, ein "Blackout“ riskiert wird, zahlen Netzbetreiber fast jeden Betrag für Regelstrom, und zwar bis über 1000 Euro je MWh.

 

Kein Wunder, dass so gut wie alle Kraftwerksbesitzer in den Regelenergiemarkt drängen, nicht nur Pumpspeicher. Allerdings wurde dessen Ausmaß bisher deutlich überschätzt, so zeigt ein kurzer Vergleich. Der Gesamtbedarf in Österreich etwa lag nach Angaben der Regulierungsbehörde E-Control im Jahr 2012 bei lediglich 250 Gigawattstunden. Das ist nicht wirklich viel: Denn die im gleichen Jahr alleine von den bestehenden Pumpspeicherkraftwerken in Österreich gelieferte Energiemenge betrug rund 4500 GWh, also etwa das 20-Fache davon. Das heißt, der Bedarf nach neuen regelfähigen Kraftwerken ist sehr bescheiden, das Geschäftsfeld mit Regelenergie in Wirklichkeit eine Marktnische.

 

Kein Wunder, dass auch andere Experten warnen. Auch im kombinierten Stromsystem Österreich-Deutschland zeige sich, "dass die Speicherkapazität der österreichischen PSW (Pumpspeicherkraftwerke, Anm.) ausreicht, um alle EE-Überschüsse (erneuerbare Energien, Anm.) zu speichern“, heißt es in einer aktuellen Studie der TU Wien über den zukünftigen Bedarf im heimischen Stromsystem. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Plötzlich Blackout! (Montag, 05 Mai 2014 20:39)

    Wie das Gesamtsystem ohne Speicher funktionieren soll, kann wohl niemand beantworten.
    Die TU Wien Studie bedarf noch einer Auswertung, würde sie doch die bisher hier angestellten Berechnungen und Überlegungen widerlegen.