Erneuerbare Energieversorgung und Sicherheit

Auf dem ersten Blick mag die Kombination erneuerbarer Energieversorgung und Sicherheit etwas ungewöhnlich erscheinen. Blickt man jedoch hinter die Kulissen, ergibt sich schnell ein differenzierteres Bild. Die Energieversorgung und hier insbesondere die Stromversorgung stellt die wichtigste Lebensader einer modernen Gesellschaft dar. Daher ist das Thema Sicherheit von zentraler Bedeutung, auch wenn diese für uns aufgrund der bisher sehr hohen Versorgungssicherheit selten richtig bewusst ist.

Sicherheit

 Mit dem Begriff „Sicherheit“ werden sehr unterschiedliche Aspekte assoziiert. Etwa die Betriebs- und Arbeitssicherheit, die Ausfallsicherheit, die Netzwerksicherheit, stabile politische bzw. regulatorische Rahmenbedingungen oder verlässliche Versorgungsketten, um nur ein paar wenige zu nennen. Durch die immer stärkere Vernetzung der einzelnen Bereiche, aber auch der Infrastrukturen insgesamt, steigen auch die wechselseitigen Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten. Daher ist eine gesamtheitliche Betrachtung unverzichtbar. Vernetztes Denken und Handeln wird zum Muss. Im Zentrum steht dabei die Versorgungssicherheit, die Sicherheit, dass die Stromversorgung zu jeder Zeit funktioniert.

Steigende Turbulenzen

Durch die (deutsche) Energiewende befindet sich das Stromversorgungssystem in einem massiven Umbruch. Was sehr euphorisch begann, zeigt zunehmend seine Schattenseiten. Steigende Preise für Haushaltskunden und Turbulenzen bei den bisherigen Marktplayern, zunehmend regulatorische Eingriffe mit sinkender Planungssicherheit, volatile Strompreisentwicklungen und steigende Netzinstabilitäten sind nur einige Aspekte. Sogar Großstörungen im europäischen Verbundsystem („Blackouts“) werden durch diese Entwicklungen nicht mehr ausgeschlossen.

Keine voreiligen Schlüsse

 Durch einen voreiligen Schluss könnte die dezentrale Stromerzeugung für diese Entwicklungen verantwortlich gemacht werden. Denn bisher hat die Stromversorgung sehr gut funktioniert und die mitteleuropäische Versorgungssicherheit zählt zur höchsten der Welt. Nimmt man etwas Abstand, dann fällt die Schlussfolgerung differenzierter aus. Es gibt natürlich einen Zusammenhang zwischen diesen Entwicklungen. Jedoch hat das bisherige System auch massive Schwachstellen, die bei uns nur noch nie gezielt ausgenutzt wurden. Daher wäre es ebenso ein voreiliger und kurzsichtiger Schluss anzunehmen, dass das bisherige System wesentlich besser war und ist.

Motivationen für die Energiewende

Die Motivation für den Umstieg auf die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern ist ebenso vielschichtig. So soll die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und von den Lieferländern reduziert, bzw. den absehbaren Verknappungen von Ressourcen und den damit verbundenen Preisentwicklungen entgegen gewirkt werden. Die Abkehr von der Atomstromerzeugung und sonstige ökologische Aspekte spielen eine weitere Rolle. Ebenso der Klimaschutz und die Senkung des CO2-Ausstoßes. Aber auch hier gilt es, nicht an der Oberfläche zu bleiben. Gerade beim Ziel, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, wird oft etwas kurzsichtig gehandelt. Wenn große Landflächen unter hohem energetischen Aufwand für die Produktion von Biomasse als Basis für Biogasanlagen genutzt werden, fällt die Energiebilanz häufig negativ aus. Noch mehr, wenn im Gegenzug Regenwälder abgeholzt werden, um den Futtermittelbedarf in unseren Regionen zu decken. Ganz abgesehen von der möglichen zusätzlichen Freisetzung von Methan aus undichten Anlagen, was noch weit klimaschädlicher als der CO2-Austoß ist. Auch hier ist eine ganzheitliche Betrachtung unerlässlich, denn sonst wird Sicherheit zur Scheinsicherheit und „gut gemeint“ zu schlecht.

Kurzsichtige Betrachtungen

All zu häufig wird die Energiewende mit dezentralen Erzeugungsanlagen gleichgesetzt und ebenso kurzsichtig ist dabei die Vorgangsweise „produce and forget“. Ein System ist mehr als die Summe der Einzelteile. Dies gilt auch im europäischen Stromversorgungssystem. Eine Energiewende ist unmöglich, wenn nur die Erzeugungsstruktur geändert wird. Das europäische Stromversorgungssystem wurde für einfache berechen- und steuerbare Großkraftwerke errichtet. Derzeit wird fast ausschließlich in dezentrale Erzeugungsanlagen investiert, die noch dazu eine sehr volatile Erzeugungskapazität aufweisen. Umfangreiche Anpassungen im europäischen Stromversorgungssystem sind daher unverzichtbar. Diese erfolgen derzeit, wenn überhaupt, nur äußerst zeitverzögert. So fehlen Tausende Kilometer an Stromleitungen. Ganz zu schweigen von Speichermöglichkeiten, um die Volatilität der derzeitigen Erzeugungsanlagen auszugleichen. Hier zeichnet sich in absehbarer Zeit keine vernünftige Lösung ab. Der Bau von Hunderten neuen Pumpspeicherkraftwerken ist unrealistisch und unrentable. Zusätzlich führte die langjährige Förderpolitik dazu, dass Photovoltaikanlagen betriebswirtschaftlich optimiert ausgerichtet sind und es daher um die Mittags- und Nachmittagszeit zu Spitzenproduktionen kommt, während über den restlichen Tag entsprechende Schattensysteme vorgehalten werden müssen. Das ist derzeit noch relativ einfach möglich, da die bisherigen Erzeugungsanlagen noch verfügbar sind. Diese werden aber aufgrund ihrer Unrentabilität stillgelegt. Was verheerende Folgen für die Versorgungssicherheit nach sich ziehen könnte. Alles Faktoren mit einer zeitverzögerten Wirkung. Wenn jedoch die Auwirkungen spürbar werden, ist es bereits zu spät.

Erneuerbare Energieversorgung und Sicherheit

Eine ganzheitliche und systemische Betrachtung des Themas Energieversorgungssicherheit ist daher zwingend geboten.

Ein Mehrwert wird geschaffen, indem Komplexität nicht trivialisiert, sondern bewusst in Kauf genommen wird. Dies erfordert neue Lösungsansätze und auch die Inkaufnahme von möglichen Irrwegen. Eine Weiterentwicklung ist aber nur durch das Verlassen von bewährten Pfaden möglich.

 

Verschiedene Fragestellungen müssen dabei betrachtet werden. Etwa, wie ein Stromversorgungssystem auf Basis volatiler Erzeugung beschaffen sein muss, um den sehr hohen Versorgungssicherheitsstandard weiter zu gewährleisten. Dezentralität wird dabei eine wichtige Rolle spielen, jedoch nicht nur in der Erzeugung, sondern in der Gesamtstruktur. Damit kann auch insgesamt die Robustheit des Systems erhöht werden. So können auch Ausfälle in Teilsystemen leichter verkraftet werden, was auch immer die Ursache dafür sein mag, ob ein Fehler oder etwa eine Sabotage. Die Vernetzung und Analyse von bereits vorhandenem Know-how und um die Nutzung von Synergien sollte dabei im Vordergrund stehen.

Vorzeigeprojekt Biomassekraftwerk Papenburg

Ein mögliches Vorzeigeprojekt stellt das Biomassekraftwerk Papenburg in Deutschland dar. Hier wird mit einem hochmodernen und emissionsarmen Biomassekraftwerk Holz am Ende seiner Recyclingkette verstromt. Zukünftig sollen weitere Synergieeffekte genutzt werden. Die benachbarten Gartenbau-Unternehmen werden dann nicht nur mit Strom, sondern auch mit Wärme und CO2 versorgt. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur regionalen Stabilität geleistet und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen reduziert. Zusätzlich kann ein sinnvoller Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstoßes geleistet werden.

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