Energiewende: "Deutschland ist auf einen "Blackout' nicht vorbereitet"

Quelle: www.moz.de

 

Die Energiewende stellt Deutschland vor enorme Herausforderungen und birgt angesichts fehlender Stromleitungsnetze die Gefahr von flächendeckenden Stromausfällen. Andreas Wendt sprach mit Bernd Benser, Geschäftsführer der Gridlab GmbH in Cottbus, über die Folgen eines möglichen "Blackout".

 

[Auch österreichische Operatoren trainieren im Gridlab den Netzwiederaufbau nach einem Blackout]

Das Bewusstsein für die Gefahren einer solchen Situation ist leider nicht sonderlich ausgeprägt in Deutschland. Das ist ein Punkt, da mache ich mir persönlich auch Sorgen, wenn man weiß, was im Zuge eines solchen flächendeckenden Stromausfalls passieren kann - sechs Tage sind da Minimum, bis das Netz wieder aufgebaut ist.

 

Wenn aber ein Netzausfall mindestens sechs Tage dauert und ich habe 200 000 geräteabhängige Patienten, werden die nicht überleben.

 

Ist das nicht Panikmache?
Das ist eine trügerische Ruhe, der wir uns hingegeben haben. Strom ist immer da und kommt aus der Steckdose. Wir sind mit Abstand das energieversorgungssicherste Land. Das hat aber dazu geführt, dass sich niemand damit beschäftigt, was passiert, wenn er nicht da ist.

 

Macht ein "Blackout" an staatlichen Grenzen Halt?

Bei der Weser-Ems-Kanal-Überführung eines Luxusliners 2006 war der westliche Teil Europas mehr oder weniger dunkel. Osteuropa war hell. Warum? Weil noch zwei Regelzonen - Ost und West - bestanden, die sich voneinander trennen konnten und im Osten Deutschlands noch die Pumpspeicherkraftwerke leer waren. Sie konnten überschüssige Energie aufnehmen. Nur das hat Europa vor dem vollkommenen Blackout gerettet. Deutschland ist auf diesen Fall nach meinem Kenntnisstand nicht vorbereitet.

 

Wie hoch ist das Risiko?

Im letzten Jahr hat der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz Transmission über 260 Eingreiftage ins System gehabt. Eingriffe ins System sind nicht immer, aber teilweise Landungen auf dem Hudson-River, also der berühmte Pilot Mister Sullivan, der unter Missachtung aller Vorschriften erfolgreich auf dem Fluss gelandet ist.

 

Es fehlen die berühmten Stromautobahnen...
Wir haben vier Verbindungen in Richtung Westen. Wir bauen in den Jahren bis 2020 50 bis 60 Gigawatt an erneuerbaren Energien zusätzlich hin, aber nur zwölf Gigawatt Leitungskapazität. Man muss kein Mathegenie sein, um zu wissen, dass wir dann nicht nur 262 Eingreiftage im Jahr, sondern mehrere Eingriffe am Tag haben. Das ist eine Frage der Logik und der Masse, vergleichbar mit einem Tower, ob sie zehn oder 100 Flugbewegungen für eine Landebahn in der Stunde haben - dann wissen Sie, irgendwann wird's krachen.

 

Wenn wir ein besser ausgebautes, vermaschtes System haben, ist ganz klar, dass wir damit ein Großteil der Probleme lösen.

 

Bieten Sie auch Lösungen für die aufgezeigten Probleme an?
Nein, das machen wir nicht und das ist auch nicht unser Kernauftrag. Unsere Aufgabe ist, Mitarbeiter bei den Netzbetreibern zu schulen, damit sie ein besseres Rüstzeug haben, damit sie sicherer handeln können. Wir kümmern uns auch um Standardisierung und Zertifizierung.

Sie fordern einen Führerschein für Netzbetreiber?
Wir sind hier so etwas wie der Flugsimulator für Stromautobahnen. Wenn Sie ein Flugzeug fliegen wollen, müssen Sie einmal im Jahr in den Simulator und nachweisen, dass Sie fliegen können. Wenn Sie in Berlin Bus fahren wollen, müssen Sie einmal jährlich nachweisen, dass Sie das können und dürfen. Wenn Sie ein für die Sicherheit Europas wichtiges System führen, müssen Sie keinerlei Formalanforderungen erfüllen. Das passt nicht. Mit dem TÜV haben wir deshalb den sogenannten System- oder Netzführerschein entwickelt, der Mitte des Jahres eingeführt werden soll - und wir hoffen, dass die Politik da auch mitzieht.

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Kommentare: 3
  • #1

    Plötzlich Blackout! (Freitag, 25 April 2014 22:22)

    Ein nicht besonders beruhigender Artikel, wenn jemand erklärt, der europaweit Netzwiederaufbautrainings anbietet, dass die Behebung einer europäischen Großstörung im Minimum 6 Tage dauern wird. Auch die sonstigen Vergleiche sind haarsträubend.

    Das Thema Netzausbau sollte aber etwas kritischer gesehen werden - was helfen tolle Netze, wenn es so Tage wie den 21.01.14 oder 31.03.14 gibt, wo kaum Ökostrom erzeugt wird?

  • #2

    Plötzlich Blackout! (Freitag, 25 April 2014 22:25)

    Hier noch ein Zitat:

    Auf die Frage, ob seine Katastrophenszenarien nicht übertrieben seien, antwortet Elsberg mit einem Zitat des britischen MI5: «We are four meals from anarchy.» – «Von der Anarchie trennen uns vier Mahlzeiten.» Das habe sich etwa in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina gezeigt.

    http://www.schweizamsonntag.ch/ressort/nachrichten/thriller-autor_gibt_dem_armeechef_rueckendeckung/

  • #3

    Plötzlich Blackout! (Dienstag, 29 April 2014 09:43)

    Wir freuen uns über die Gridlab GmbH Kooperationspartnerschaft mit "Plötzlich Blackout!". Dazu wird es auf der Synergiekonferenz auch ein Impulsreferat geben.